Besucher? Nutzer? Kunde? – Mensch!

Publikation zu Human Centered Design für Bibliotheken (und andere Lernräume)

Lernarchitekturen und (Online-) Lernräume Cover
Lernarchitekturen und (Online-) Lernräume Cover

In meinem neuen Aufsatz „BESUCHER? NUTZER? KUNDE? – MENSCH! Raumsoziologische Perspektiven auf Bibliotheksgestaltung im Sinne des Human Centered Designs“ im Sammelband „Lernarchitekturen und (Online-) Lernräume“ betrachte ich Lernräume aus zwei theoretischen Perspektiven: erstens raumsoziologisch über den Begriff des relationalen Raumes und zweitens über das Konzept der Environment Behavior Settings. Die erste Perspektive ist regelmässigen Leser*innen bereits vertraut (für alle anderen gibt dieser Blogpost einen Überblick). Die zweite Perspektive konzentriert sich auf das Wahrnehmungshandeln im Raum, also darauf, wie Menschen Räume auffassen, auf sie reagieren und in ihnen agieren (das hatte ich unter anderem schon im Projekt „(Für) Gesellschaft bauen“ thematisiert). Basierend auf dieser theoretischen Annäherung werden explizit für Hochschulbibliotheken drei Postulate an Lernarchitekturen –„selbstgesteuert“, „kompetenzorientiert“ und „offen“ – anhand empirischer Daten analysiert und daran anschließend in Anlehnung an Methoden des Human Centered Designs Strategien zur Bibliotheksraumgestaltung entwickelt.

Wo entsteht nun der Mehrwert im Vergleich zu meiner bisherigen Arbeit? Bis Ende 2014 habe ich mich vorwiegend darauf konzentriert, (Bibliotheks-)Räume zu analysieren: Wer verhält sich wie in welchen Räumen, wo bestehen Schwellen, Hürden und Schliessungsmechanismen? Seit 2015 engagiere ich mich stärker dahingehend, meine Erkenntnisse und Daten für die (Um-)Gestaltung von Räumen zu nutzen und zwar im Sinne des Human Centered Design in Kombination mit dem Vorgehen des Design Thinking. Konkret heißt das, dass ich nach der grundlegenden Auswertung meiner Daten nicht zum Abschluss meiner Arbeit komme, sondern erst am Anfang stehe. Die Daten werden nach der Auswertung weiter aufbereitet, der PAKT-Analyse von Brian Shackel[1] folgend: Personen, Aktionen, Kontexte und Technologien werden im Sinne einer Typologie zusammengefasst. So werden typische Personas und Use Cases aus dem Material entwickelt und diese in Szenarien zusammengefasst. Das möchte ich an konkreten Beispielen verdeutlichen, die ich mit Kolleg*innen im Rahmen eines Workshops zu Studierendenarbeitsplätzen an der ETH Zürich erstellt habe.

Wir haben u.a. zwei Personas erstellt, Paul und Nadja. Ziel ist es, diese Personas so konkret wie möglich zu beschreiben, im Sinne eines Typus.

HWO Personas Paul und Nadja
ETH HWO Personas Paul und Nadja

Darauf folgend standen Überlegungen zu typischen Semesterverläufen und Wochenstundenplänen an. Wann lernen Studierende wo und wie? Im Sinne von Szenarien haben wir das für unsere beiden Personas konretisiert: Wann lernt Paul, 1. Semester Pysik (BA) alleine, wann in der Gruppe? Was ist das Ziel des Gruppenlernens? Und welche Räume brauchen er und seine Gruppe dafür?

Auf der Basis dieser Überlegungen konnten wir konkrete Ideen für die Gestaltung von studentischen Lernräumen entwickeln und diese in Form von schnellen Prototypen visualisieren:

HWO Prototyp 2
ETH HWO Prototyp 1
HWO Prototyp 2
ETH HWO Prototyp 2

Deutlich wird: Es braucht verschiedene räumliche Lern-Settings: Die Einzelarbeitsplätze, die Gruppenplätze im Sinne von schnell verfügbaren Bereichen, die zum gemeinsamen Vor- und Nachbereiten von Lerninhalten spontan genutzt werden können, Gruppenarbeitsräume für längerfristige Projekte, die sich auch buchen lassen etc.

Der Fokus meines nun vorliegenden Aufsatzes liegt weniger auf der PAKT-Analyse und dem Vorgehen des Design Thinking, sondern vielmehr auf der Zusammenfassung von Gestaltungsprinzipien: Was macht eine Bibliothek als Lernraum aus, die den Postulaten „selbstgesteuert“, „kompetenzorientiert“ und „offen“ gerecht wird?

Edinger, Eva-Christina (2016): „Besucher? Nutzer? Kunde? – Mensch! Raumsoziologische Perspektiven auf Bibliotheksgestaltung im Sinne des Human Centred Design“. In: Rolf Arnold et al. (Hrsg.): “Lernarchitekturen und (Online-)Lernräume”, Hohengehren: Schneider Verlag. S. 91 – 118.

Zum Inhaltsverzeichnis und zur Einleitung

 


[1] Shackel, Brian, 1991: Context, Framework, Definition, Design and Evaluation. Cambridge: University Press. S. 23.

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