Idea Store Whitechapel in London – ein eher ethnologischer Bericht

Im Juni habe ich am Rande einer Konferenzreise den Idea Store Whitechapel in London besucht – dieser Besuch hat mich so irritiert, dass ich heute noch nicht ganz weiss, wie ich ihn einordnen soll …

Es ist Juni. Das Wetter ist den ganzen Tag schon schön, ich bin positiv gestimmt, vielleicht nehme ich gerade deshalb Eindrücke wohlgesonnen auf. In Kensingtion bin ich losgefahren – die Tube spuckt mich in Whitechapel in einem ganz anderen London aus: Ich fühle mich wie auf einer Orientreise, am Ausgang der Tube reihen sich in einer schmalen Gasse kleine Shops und Restaurants, oft nur wenige Meter breit, aneinander wie auf einer Perlenschnur. Ein wenig kenne ich das von London, aber hier ist das sehr speziell. Von der Gasse komme ich auf die Whitechapel Road und stehe mitten in einem orientalischer Basar. Unmengen Obst und Gemüse liegen aus, riesige Jake-Fruits werden in Einkaufswägen herumgefahren, Kleider hängen in planengedeckten Ständen soweit das Auge reicht. Und die Straße ist gesäumt von Restaurants aller Nationalitäten. Wäre ich auf Reisen, ich würde mich jetzt, um 11 Uhr zu einem frühen Mittagessen hinreißen lassen.

Irgendwie kommt mir das hier alles fehlplatziert vor – und doch ist es stimmig, Männer in langen Gewändern mit Bart, vollverschleierte Frauen, Menschen aus aller Herren Länder. Über den Planendächern kann man die Skyline von London sehen, das Foster-Gebäude prominent in der ersten Reihe.

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Blick entlang der Whitechapel Road, im Hintergrund die Fassade des Idea Store (2019)

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Wozu Bibliotheken? – Über den freien Zugang zu Informationen und Bildungsräumen

Die Bibliotheksgeschichte ist eine Geschichte der Zäsuren, erwähnenswert sind unter anderem die Erfindung des Papyrus, der Buchdruck mit beweglichen Lettern, der digitale Katalog, das Internet, Wikipedia und das E-Book. Jede dieser Zäsuren scheint gewissen Personen Anlass zu geben, Bibliotheken als vom Aussterben bedrohte Orte zu identifizieren. So geschehen vor 11 Tagen durch Herrn Ball im Interview mit der NZZ. Die Reaktionen darauf haben nicht lang auf sich warten lassen (z.B. hier oder hier). Die Diskussion ist vielschichtig und doch bleiben manche Aspekte – so sehe ich das – unterbelichtet. Deshalb möchte auch ich eine Auslegeordnung in drei Akten versuchen: 1. Der Wert des gedruckten Buches, 2. der freie Zugang zu Informationen in Bibliotheken, 3. die Bibliothek als Bildungsraum. Mein Ziel ist es, bereits eingebrachte Argumente weitgehend auszuklammern und statt dessen neue Aspekte zur Diskussion hinzuzufügen. Weiterlesen Wozu Bibliotheken? – Über den freien Zugang zu Informationen und Bildungsräumen

Nicht jeder Fragebogen ist schon Partizipation!

Eine längst überfällige Diskussion im Begriffe-Dschungel von Partizipation, Design Thinking und sozialwissenschaftlicher Ergebungen

Im letzten Jahr ist mir immer wieder und immer häufiger in Workshops und auf Konferenzen aufgefallen, dass der Begriff Partizipation in aller Munde ist und dass Design Thinking und Human Centered Design aus dem Webdesign heraus den Weg in die Architektur- und Stadtplanung gefunden haben. Damit einher geht jedoch eine teminologische Herausforderung, die nicht in allen Kontexten gut gemeistert wird. Nicht jeder Fragebogen ist schon Partizipation! In den folgenden Zeilen möchte ich einen kleinen Beitrag zur Begriffsklärung leisten. Weiterlesen Nicht jeder Fragebogen ist schon Partizipation!

Zu Fuss über die Alpen – eine neue Raumwahrnehmung

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Route Alpüberquerung (2015)

Knapp 12 Tage sind wir – Benjamin und ich – zu Fuss gegangen, von Oberstdorf im Allgäu über fünf Alpenkämme bis nach Meran in Südtirol. 230 km und über 11.600 Höhenmeter haben wir zurückgelegt. Der Alpenraum ist für uns jetzt nicht mehr der gleiche wie zuvor. In den folgenden Zeilen möchte ich aus raumsoziologischer Perspektive darlegen, wie sich für unsere Raumwahnehmung verändert hat. Weiterlesen Zu Fuss über die Alpen – eine neue Raumwahrnehmung

Hat Zürich auch eine Eigenlogik?

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Lagerstrasse Zürich, 16.04.2015

Wie schon in einem meiner letzten Posts möchte ich mich erneut mit dem Thema der Eigenlogik befassen, ausgehend von „Städte und ihre Eigenlogik. Ein Handbuch für Stadtplanung und Stadtentwicklung“ von Martina Löw und Georgios Terizakis (Hrsg.).[1] Diesmal geht es mir darum, der Eigenlogik von Zürich auf die Spur zu kommen. Was ist Zürich eigentlich für eine Stadt? Wissensstadt und Hochschulstandort, Bankenmetropole, Spielplatz der Alternativen und des Urban Gardening? Weiterlesen Hat Zürich auch eine Eigenlogik?

Human Centered Urban Spaces

Seit geraumer Zeit verfolge ich Diskussionen zu „Liveable Cities“, die mir immer wieder und in verschiedensten Kontexten begegnen. Die Diskussionen werden aufgeworfen von Architektinnen oder Raum- und Stadtsoziologen, Personen aus dem Bibliothekswesen (z.B. Network for Libraries in Urban Spaces) oder einfach Menschen, die sich fragen: Was macht eine Stadt für uns zu einer für uns geeigneten Umwelt? Wo fühlen wir uns wohl und warum? Wie füllen wir Städte mit Leben?
Ich möchte im Folgenden einige Beobachtungen, Begrifflichkeiten und Fragestellungen zusammenfassen, um erst einmal eine Ausgangsbasis für die Diskussion zu entwickeln. Ich werde mich dabei in der Begrifflichkeit in weiten Teilen am Webdesign und am Design Thinking orientieren Weiterlesen Human Centered Urban Spaces

Fundstück der Woche – Wohnen und Arbeiten am gleichen Ort: Gespräch über das Tübinger Französische Viertel

„Das Französische Viertel in Tübingen zeigt so viele Qualitäten von Altstädten wie sonst wohl kein anderes neu gebautes Stadtviertel. Mit dem Stadtplaner Andreas Feldtkeller spricht Daniel Fuhrhop darüber, wie dort gelang, was andernorts nicht klappt.“
http://www.verbietet-das-bauen.de/wahrheit-feldtkeller/

Im oben verlinkten Interview von Daniel Fuhrhop mit Andreas Feldtkeller wird deutlich, warum das Konzept eines Neubau-Viertels nach Vorbild der Altstadt mit der lokalen Verbindung von Wohnen und Arbeiten erfolgreich umgesetzt werden konnte, anders als ich es beispielsweise 2010 im Herose-Areal in Konstanz (vgl. das Projekt Raum-Expedition: Konstanz) erlebt habe. Weiterlesen Fundstück der Woche – Wohnen und Arbeiten am gleichen Ort: Gespräch über das Tübinger Französische Viertel

Fundstück der Woche #12: „Wozu noch Bibliotheken“ – Diskussion beim SWR2

Am 25.9. diskutierten beim SWR2 Christine Brunner (Direktorin Stadtbibliothek Stuttgart), Dr. Frank Simon-Ritz (Direktor der Universitätsbibliothek Weimar und Vorsitzender des Deutschen Bibliotheksverbandes) und Dr. Johan Schloemann (Feuilleton-Redakteur, Süddeutsche Zeitung) über den Ort der Bibliothek. Vertraute und hier im Blog häufig diskutierte Themen wurden angesprochen: Umgewidmete Räume, Lieblingsplätze, auratische Bibliotheksräume und nicht zuletzt die Verbindung vom Zugang zum Buch und dem Ort, der diesen Zugang auch nutzbar macht.

Aber auf die Zwischentöne ist zu achten: Weiterlesen Fundstück der Woche #12: „Wozu noch Bibliotheken“ – Diskussion beim SWR2

Fundstück der Woche #11: The Library Workout

Artwork by http://www.tonyauth.com/
Artwork by http://www.tonyauth.com/

Und es stimmt: Wir trainieren unsere Hirne, Stimuli aufzunehmen, zu sortieren, zu benennen und einzuordnen. Je öfter wir das machen, desto besser klappt es. „Einmal gekennzeichnet werden sie [die Stimuli] in Zukunft schneller in die jeweiligen Fächer einsortiert. Im Laufe der Zeit und mit immer neuen Erfahrungen wird unser Kennzeichnungssystem beständig grösser.“ (Mary Douglas (2008): Ritual, Reinheit und Gefährdung)

Fundstück der Woche #10: The confusing Library

Informationsarchitektur revisited

„Es gibt wirklich nichts Schwierigeres, als eine Bibliothek zu ordnen. Es sei denn, man würde sich daranmachen, ein wenig Ordnung in die Welt zu bringen. Wer würde das wagen? Wie wollen Sie ordnen? […]“[1]

In Vorträgen zeige ich ja gerne zur Informationsarchitektur, die ich im Falle von Bibliotheken auch als „Ordnung der Bücher“ bezeichne, ein Bild der Suhrkamp Bibliothek – Bücher nach Farben sortiert. Und wenn es um die Navigation in Bibliotheken geht, verweise ich gern auf M.C. Eschers Treppenbild „Relativität“ von 1953. Mit „The confusing Library“ habe ich quasi alles in einem gefunden:   Weiterlesen Fundstück der Woche #10: The confusing Library